3. Mai 2023
Nachdem im März das Preisgericht die eingereichten Arbeiten von zahlreichen Planungsbüros für die Landesgartenschau 2023 bewertet hat, wurden die Siegerentwürfe gekürt. Diese sowie weitere 11 Arbeiten wurden dann in mehreren Veranstaltungen dem Fachbeirat, in dem wir ebenfalls seit rund 2 Jahren tätig sind, sowie der Öffentlichkeit vorgestellt.
Wurde bisher der Focus eher auf die Neuausrichtung der Verkehrsführungen im Bereich Ehinger Tor und Blaubeurer Tor gesetzt, können jetzt die einzelnen Projektfelder gestaltet werden. Die eingereichten Vorschläge liefern, wie man sehen konnte, den Rahmen für jedes Feld.
Bereits zu Beginn der Fachbeiratstreffen haben wir uns früh mit den Bereichen auseinandergesetzt, die ein großes Potential für bestehende Bauwerke der Bundesfestung und die Natur haben.
Viel spannender sind aber die Projektfelder, an denen mit einfachen Maßnahmen verlorengegangene Festungsstruktur aufleben kann und im wahrsten Sinne „Brücken geschlagen“ werden können.
Der Bereich der Wilhelmsburg, die westliche Bergfront sowie die Kienlesbergbastion sind in einem bundesweit einmaligen Erhaltungszustand, die die Hauptumwallung ohne große Worte „begreifbar“ darstellt.
Auf dem Abschnitt Blaubeurer Tor über den Böblinger Turm, das Ehinger Tor bis zur Oberen Donaubastion sieht das schon deutlich anders aus. Die genannten Bauwerke stehen ohne die historische Verbindung im Stadt- oder Verkehrsraum. Niemand kann sich auch nur annähernd vorstellen, in welcher Beziehung sie im westlichen Bereich der Hauptumwallung eingebettet waren.
Die LGS 2023 bietet hierfür zahlreiche und einmalige Chancen. Es kann mit der Gestaltung von zeitgemäßen Mauerelementen und, dort wo es umsetzbar wäre, der Nachbildung von Wallanlagen gelingen. Letztere leisten einen enormen Beitrag zum ökologischen Lärmschutz der dahinter liegenden Wohngebäude / Schule. Hinzu kommt, dass sich dort ein wertvoller Magerrasen mit einer seltenen Flora und Fauna entwickelt, die für die Ansiedelung von seltenen Insekten sorgen. Im Festungsmuseum Fort Oberer Kuhberg sind die Auswirkungen einer verantwortungsvollen Einrichtung und Pflege der Wall- und Glacisanlagen deutlich sichtbar. Ein positives Ergebnis, welches auch von den Naturschutzbehörden und z. B. des BUND hoch gelobt wird!
Ein weiterer Aspekt ist das Thema Wasser. Im Bereich Blaubeurer Tor bis zur Donau, unter dem heutigen Hindenburg- und Bismarckring, befand sich ein trockener Graben. In der Vorbereitung auf einen Angriff auf die Bundesfestung, wurden die Schleusen der beiden Blauarme geschlossen – das aufgestaute Wasser füllte den Graben als Sturmhindernis. Dieses Thema sollte unbedingt in die Gestaltung in und an Festungsanlagen eingearbeitet werden.
Das Blaubeurer Tor wurde beim Bau der Verkehrsachse in den 1960er Jahren durch das Engagement Ulmer Denkmalschützer vor dem Abbruch bewahrt und führte unter anderem zur Vereinsgründung. Die aktuelle Situation ist mehr als unglücklich. Es steht exemplarisch für den damals falschen Umgang mit denkmalgeschützen Bauwerken dieser Art und Epoche. Dies darf nicht noch einmal geschehen! Ein Tor hat eine sehr hohe symbolische Bedeutung für eine Stadt. Es steht neben dem Schutz vor „Eindringlingen“, vor allem für Begegnung und Austausch, für Ein- und Ausfahrt, Handel und Gewerbe. Das Blaubeurer Tor bietet all diese Möglichkeiten. Die Nutzung zumindest einer der beiden Durchfahrten für Fußgänger und Radfahrer sollte wieder möglich werden. Die Rekonstruktion der Brücke auf der westlichen Seite verdeutlicht das ehemalige Erscheinungsbild, schafft flexibel nutzbare Aufenthaltsqualität.
Es bestehen noch zahlreiche Möglichkeiten, wie man die Projektbereiche gestalten kann.
Die LGS 2023 muss einen nachhaltigen Mehrwert und Aufwertung für die Bundesfestung Ulm bringen, weil es das „Größte erhalte Festungsensemble in Europa“ ist - denn Festung ist mehr als Stein.
Das Blaubeurer Tor (Werk VI), eingebunden in die Hauptumwallung, mit dem vorgelagerten Ravelin.
Der heutige Zustand: Die Blaubeurer-Tor-Brücke (B-10) aus den 1960er Jahren mit Kreisverkehr.
Quelle: Internet
Die Vision für 2030: Die Brücke wurde durch einen Tunnel ersetzt, der Kreisverkehr ist Geschichte.
Das Tor würde, Stand heute, zusammenhangslos als Solitär wirken.
Quelle: Homepage Stadt Ulm
Für ein paar Projektfelder haben wir uns schon erste Gedanken gemacht.
Sie wurden von Matthias Burger so eindrucksvoll visualisiert, dass sich jeder tatsächlich "ein Bild" davon machen kann.
Hinweis: Die Verwendung / Veröffentlichung der folgenden Darstellungen dürfen nur mit vorheriger Genehmigung des Künstlers erfolgen.
Eine große Vision: Der wiederhergestellte Frontgraben an der Wilhelmsburg.
Beim Reduit der Kienlesbergbastion könnte wieder ein Brücke entstehen.
An der Doppelcaponniere der Kienlesbergbastion: Das Ruhetaltor könnte mit einfachem
Aufwand vervollständigt und aktiviert werden.
Unter einer neuen Brücke führt ein Spazierweg über eine Rampe hinauf in Richtung Wilhelmsburg.
Am Blaubeurer Tor könnten kurze Wallanlagen entstehen und über eine Brücke der Fuß- und Radweg führen.
Auch wichtig: Die Sichtbarkeit des Tores darf nicht durch Bepflanzung oder Lärmschutz eingeschränkt werden.
Stadtseitige Ansicht mit der Wegeführung über die neue Freifläche. Eine Nutzung von
Durchgang (Fuß- und Radweg) und Gastro wäre durchaus vereinbar.
Hier wird, an der Ecke Hindenburgring / Bleichstr., beispielhaft dargestellt, wie kurze
Wallanlagen als Lärmschutz, für Insektenvielfalt und verbindendes Element zum
Festungsverlauf dienen könnte.
Das Reduit der Mittelbastion, der Böblinger Turm, könnte durch einen umlaufenenden
Graben sowie einer Brücke einfach aufgewertet werden.